Von der Aquaponik zur Multiaquaponik mit 12 Modulen im produktiven Biotop

Die aquaponik manufaktur GmbH verfolgt mit der Multiaquaponik (oder Multi-Aquaponik) einen neuen Ansatz, der die Aquaponik mit weiteren, im System nützlichen, Kulturen kombiniert. Diese Kulturen können Synergien im Gesamtsystem und/oder einer diversifizierten Produktion dienen.

Ebenso wie die Aquaponik selbst von der Natur abgeleitet ist, so entspricht auch die Auswahl bzw. Kombination der Module in der Multiaquaponik dem Vorbild von natürlichen Biotopen. Hierbei geht immer darum, gemeinsam mit der Natur zu arbeiten und nicht gegen sie, wie bislang in der konventionellen Landwirtschaft meist der Fall, bei der die Kultur mit chemischen Mitteln geschützt oder gedüngt werden muss. Dabei enthält das System sowohl Kulturen, die durch ihre Ausscheidungen Nährstoffe produzieren (Produzenten), als auch Konsumenten, wie die Pflanzenkulturen, welche diese Nährstoffe aufnehmen. Ausschlaggebend für diese Entwicklung war unter anderem unsere Teilnahme am Forschungsprojekt CLOSE THE LOOP, bei dem es ebenfalls zahlreiche Module über die Aquaponik hinaus gab.

Das natürliche und das produktive Biotop

Aber was ist überhaupt ein Biotop? Und wofür steht ein produktives Biotop? An der Stelle gibt es einen großen Unterschied zwischen dem natürlichen und dem produktiven Biotop. Im natürlichen Biotop sind alle Tier- und Pflanzenarten vermischt und direkt miteinander verbunden, etwa durch das Wasser im Teich, Fluss oder See. Der Unterschied zum natürlichen Biotop und dem produktiven Biotop in Form der Multiaquaponik liegt darin, dass die verschiedene Kulturen auf die Module aufgeteilt werden, welche für die Produktion optimiert sind. Sie ermöglichen einen einfachen Besatz, die Entwicklung der Kulturen in einem geschützten und kontrollierten Umfeld. Ferner lassen sich die Kulturen leicht entnehmen und auch die Behälter lassen sich leicht reinigen.

Von Aquaponik zur Multiaquaponik mit weiteren nützlichen Kulturen

In der Aquaponik fallen neben Fisch, Gemüse und Salat auch weitere Stoffe, wie Klärschlamm, Prozesswasser und Pflanzenteile (aus Wurzel- und Grünschnitt) an. Diese Stoffe können ebenfalls innerhalb des Systems nützlich sein. Klärschlamm kann z.B: durch eine Dendrobena-Wurmkultur verflüssigt werden. Die Würmer verstoffwechseln dabei den Schlamm, zusammen mit den Pflanzenresten, wobei die anaeroben Prozesse im Wurmstoffwechsel über den „Wurmtee“ noch mehr Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar machen. Tauwürmer sind damit eine weitere willkommene Kultur, die wiederum auch Hühnern als natürliches Futter dienen kann. So ergänzen die einzelnen Teilnehmer das System der Multiaquaponik um weitere Vorteile und erzeugen weitere Synergien im System.

Dieser ganzheitliche Ansatz berücksichtigt, dass in Zukunft auch die Futterkulturen innerhalb der Multiaquaponik-Anlage erzeugt werden können. Der Aufwand für weitere Kulturen ist dabei gering, da der biologische Stoffkreislauf bereits vorhanden ist. Dies gilt allerdings nur für Module, die an die bisher vorhandenen Stoffkreisläufe über das Prozesswasser anschließbar sind.

Wodurch entstehen die Synergien?

Nach dem Vorbild es realen Biotops ergänzen die einzelnen Module die Aquaponik um weitere, für das Biotop typische Organismen, die zum Beispiel Zwischenprodukte weiterverarbeiten, diese veredeln oder eine alternative Zielkultur darstellen. 

Prof. Harry W. Palm hat bereits gezeigt, dass die Kombination eines RAS-Systems für Afrikanische Welse (Clarias gariepinus) mit einem hydroponischen System mit Basilikum (Ocimum basilicum) das Tierwohl und die Produktivität in multitrophen Anbausystemen erhöht. [1.]

Auch das Prinzip der IMTA (Integrierte multitrophische Aquakultur) und FIMTA (Süßwasserintegrierte multitrophische Aquakultur) unterstreicht die Synergien zwischen den Kulturen. Chopin zeigt, dass IMTA „ausgewogene Systeme zur Umweltsanierung (Biomitigation), wirtschaftlicher Stabilität (verbesserter Output, niedrigere Kosten, Produktdiversifizierung und Risikominderung) und soziale Akzeptanz (bessere Managementpraktiken)“ schafft [2.]. Neori und Chopin stellen auch fest, dass „IMTA den Gesamtertrag synergetisch steigern kann, selbst wenn einige der Pflanzen weniger Ertrag bringen, als sie es kurzfristig in einer Monokultur tun würden.“ [3.]

Die Kombination verschiedener Nützlingskulturen zu einem produktiven Biotop erfüllt auch die Anforderungen des Begriffs „Multisolving“, indem mehrere komplexe Probleme in einem Schritt angegangen werden. Elizabeth Sawin, PhD, Gründerin und Direktorin des Multisolving Institute (multisolving.org) beschreibt Multisolving als „Win-Win-Win-Lösungen, die Probleme des Klimawandels angehen und gleichzeitig Gesundheit, Wohlbefinden und wirtschaftliche Vitalität verbessern“. Im Fall der Multiaquaponik erhöhen die vielen Synergien die Nachhaltigkeit des Gesamtsystems [4.]

Moduldesign, Modulgruppen und technologische Reifegrade

Das Design der jeweiligen Module erfolgt auf Basis des jeweils aktuellen technischem Standes in den unterschiedlichen Technologie-Reifegraden (TLR). Alle Grundlagen u. Daten für die Berechnung stammen hierbei aus der aktuellen Forschung. Der Technologie-Reifegrad der Modulgruppe Aquaponik (Aquakultur u. Hydroponik) liegt bei 9 (Qualifiziertes System mit Nachweis des erfolgreichen Einsatzes).

Die Maßeinheit TRL, welche aus der Wissenschaft stimmt, bezieht sich dabei jedoch nicht auf die Komplexität der Umsetzung. So ist z.B. der erdlose Pflanzenanbau in allen verschiedenen Anbauweisen bereits sehr weitgehend erforscht. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einfache und Lösungen handelt, oder um moderne, weitgehend automatisierte Anlagen. Die Maßeinheit bezieht sich auf den Reifegrad der jeweiligen Technologie bzw. Lösung.

Konkret beschrieben, handelt es sich dabei im Wesentlichen um Behälter, die im hellen oder abgedunkelten Teil des Gewächshauses stehen. Dabei können die Module je nach Anforderungen auch räumlich völlig getrennt sind (wie z.B. die Hühnerkultur), oder auch Räume gemeinsam nutzen (z.B. Zooplankton u. Algen). Je nach Modul führen ggf. Leitungen zu anderen Modulen, kombiniert mit den nötigen Modulen für die Wasseraufbereitung.

[1.] Baßmann, B, M.; Palm, H.W. (2017). Stress and welfare of African catfish (Clarias gariepinus Burchell, 1822) in a coupled aquaponic system. Water 9 (7), 504. Yildiz, H.Y., Robaina, L., Pirhonen, J., Mente, E., Dominguez, D., & Parisi, G. (2017). Fish Welfare in Aquaponics Systems: Its Relation to Water Quality with an Emphasis on Feed an Faeces – A Review. Water, 9 (1), 13. Paper auf ResearchGate

[2.] Chopin T; Buschmann A.H.; Halling C.; Troell M.; Kautsky N.; Neori A.; Kraemer G.P.; Zertuche-Gonzalez J.A.; Yarish C.; Neefus C. (2001). „Integrating seaweeds into marine aquaculture systems: a key toward sustainability“. 37. Journal of Phycology: 975–986. Paper auf ResearchGate



[3.] Neori A, Chopin T, Troell M, Buschmann AH, Kraemer GP, Halling C, Shpigel M and Yarish C. 2004. Integrated aquaculture: rationale, evolution and state of the art emphasizing seaweed biofiltration in modern mariculture. Aquaculture 231: 361-391. Link zum Paper auf ScienceDirect



[4.] Offizelle Webpage des Multisolving Institute
Seite über PhD Director Elizabeth Sawin

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