Grundlagen der Aquaponik

Der Begriff Aquaponik steht für eine Kombination aus Aquakultur und Hydroponik. Typisch dabei ist, dass sich die kombinierten Kulturen in Form einer Kreislaufwirtschaft gegenseitig ergänzen. Dabei dient die Fischkultur als Nährstoff-Produzent, während die Pflanzen als Konsumenten von den Abfallprodukten aus der Fischkultur leben, die durch Bakterien aufbereitet wurde.

Dies ist derselbe Prozess, der auch in Binnengewässern stattfindet und der allgemein als „Stickstoffkreislauf“ beschrieben wurde. Entgegen der konventionellen Landwirtschaft, die immer nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Nährstoffkreislauf nutzen kann, wird mit der Aquaponik gleich ein kompletter Biokreislauf abgebildet. Im Vergleich mit der Natur entspricht dies einem kompletten Ökosystem, wie etwa einem See: Fische oder andere im Wasser lebende Tiere produzieren Nährstoffe, die durch Bakterien aufbereitet und von Pflanzen aufgenommen werden.

Hydroponik-Salatkultur im vertikalen NFT-System
Salatkultur in Vertical Farming System

Nachhaltigkeit

Aquaponik ist nicht nur gleich in mehrfacher Hinsicht nachhaltig. Nein, Aquaponik ist auch der Sprung in eine nachhaltige Denkweise in Kreisläufen.

Nicht nur das Wasser, auch die Nährstoffe auch die Kulturen befinden sich in einem geschlossenen System. Nichts kann verloren gehen aber alles erfüllt einen Zweck. Innerhalb dieser Logik nutzen wir auch die anderen, für Menschen nicht verwertbaren Stoffe aus der Kultur. 

Die Vorteile des geschlossenen Systems:
Lediglich durch Verdunstung und Evapotranspiration (Aufnahme durch Pflanzen) geht ein geringer Teil des Wassers verloren. Sämtliche anderen Nährstoffe bleiben erhalten. Dies ist positiv im Hinblick auf Phosphor-Rückgewinnung und verhindert Nitrateinträge ins Grundwasser. Damit ist Aquaponik extrem ressourcenschonend.

Ferner können in der Aquaponik weder Antibiotika, noch Pflanzenschutzmittel (oder Insektizide, Fungizide o.ä.) eingesetzt werden, da dies den jeweils anderen Kulturen im Kreislauf schaden würde. Schädlinge werden in der Aquaponik ständig beobachtet, jedoch, ohne chemische Wirkstoffe bekämpft. Dies geschieht ausschließlich durch Nützlinge, welche die Schädlinge wiederum vertilgen.

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung

Für eine nachhaltige Entwicklung haben die Vereinten Nationen 17 Ziele erarbeitet, die weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene dienen sollen. Diese „Sustainable Development Goals“ (SDGs) traten am 1.06.2016 mit einer Laufzeit von 15 Jahren in Kraft. Aquaponik adressiert bereits 8 von diesen 17 Nachhaltigkeitszielen.

Geschlossene Kreisläufe ersetzen Roh- und Abfallstoffe

Die Ressourcen schonenden Eigenschaften der Aquaponik sind kein Zufall, denn gerade der Wechsel zu einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft vollzieht auch den Sprung zur Produktion ohne Abfall. 

Ein Vergleich der beiden Einzelkulturen Aquakultur und Hydroponik zeigt eindrücklich, warum wir in der Aquaponik keine Abfallstoffe haben und so auch keine Nährstoffe verschwendet werden.

Verluste in der Aquakultur: Wasser und Klärschlamm

Verluste in der Hydrokultur: Wasser und verbrauchte Nährlösung

Verluste in der Aquaponik: Sehr wenig Wasser

Aquaponik und die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDG)
Ziel 2: Kein Hunger
Ziel 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
Ziel 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur
Ziel 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden
Ziel 12: Nachhaltige/r Konsum- und Produktion
Ziel 13: Maßnahmen zum Klimaschutz
Ziel 14: Leben unter Wasser
Ziel 15: Leben an Land

Anwendungsformen

Aquaponik kann sehr vielfältig sein, sowohl in ihrer Größe aus auch in ihrer Ausprägung. Von der kleinen und einfachen Hinterhofanlage bis zur mehrere Hektar großen Anlage im modernen Gewächshaus ist alles denkbare möglich. 

Verschiedene Anlagenarten

Analog zur Vielfalt im Gartenbau, kann auch Aquaponik in allen denkbaren Größen, kalt oder warm, in Folientunneln oder Gewächshäusern oder sogar im Freien betrieben werden. Es folgen einige Beispiele von Aquaponikanlagen, mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten. 

State of the art Aquaponik mit moderner Hydrokultur

Ist von Großanlagen die Rede, so ist damit in der Regel eine Aquakultur in Kombination mit einer Hydrokultur in ein Gewächshaus gemeint. Sie ermöglichen es, die optimalen Bedingungen für alle Kulturen zu schaffen. Wie im Gartenbau üblich sind die Gewächshausgrößen durch den modularen Aufbau in der Größe kaum begrenzt. Getreu der Regel in Landwirtschaft und Gartenbau gilt auch hier: Je mehr Fläche, desto mehr Ernte, desto günstiger die Produktionspreise. Daher lohnt sich Aquaponik in landwirtschaftlichen Größenordnungen umso mehr.

Aquaponik mit Biogas/BHKW – Strom/Wärmeerzeugung zur Eigennutzung

Ab einer Größe von ca. 15.000qm lohnt sich die Versorgung durch eine eigene Biogasanlage. Zusammen mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) kann die Anlage komplett mit Wärme und Strom versorgt werden. Die Biogasanlage nutzt dabei ausschließlich Sekundäre Rohstoffe, aus der Aquaponik-Anlage und erzeugt so den eigenen Bedarf an Wärme/Strom. Die vergleichsweise klein dimensionierte Biogasanlage dient dabei NICHT (in erster Linie) der Einspeisung von Strom in das Stromnetz.

Passive Solar Greenhouse u. thermische Gewächshaussoptimierung

Der Energieverbrauch spielt für Aquaponikanlagen eine wichtige Rolle. Da für nachhaltige Projekte keine fossilen Brennstoffe in Frage kommen, ist das Energiekonzept entscheidend. Dabei lässt sich der Wärme- und Strombedarf auf ein Minimum reduzieren. Durch passiv-solare Bauweise des Gewächshauses, mit einem thermischem Speicher kann die Nacht überbrückt und die Saison verlängert werden. 

Einfache kalte Aquaponik-Anlagen oder -module

Neben aufwändigen Gewächshaus-Lösungen kann Aquaponik auch einfach gestaltet sein und dabei wenig Energie und Strom benötigen. In einer kalten Aquaponik-Anlage werden die Kulturen auf den Saisonbetrieb abgestimmt. Mit der Kälte fahren Fische ihren Stoffwechsel herunter, es steht weniger Licht zur Verfügung. Dementsprechend werden auch die Pflanzenkulturen darauf abgestimmt (Wintersorten). Auch die Aquakultur lässt sich sehr stark vereinfachen und in vielen Fällen sogar auf nur eine Förderpumpe reduzieren, während alle anderen Module lediglich die Schwerkraft für den Durchlauf nutzen. 

Basilikum Topfkultur in Aquaponik-Großanlage
Aquaponik-Anlage, Pflanzenteil Basilikum
Basilikum Topfkultur in Aquaponik-Großanlage
mit Topfkultur auf Ebbe-Flut-Tischen

Kulturen in der Aquaponik

Im Prinzip lässt sich der erdlose Anbau in Hydroponik mit fast allen Pflanzenkulturen realisieren. Ob Frucht- oder Blattgemüse, Kräuter, Früchte, es ist am Ende nur eine Frage des Anbauverfahrens. Allerdings lohnt sich der Aufwand für Unterglasanbau längst nicht für alle Kulturen. Mit dem Erlös einer Kartoffel-, Mais-, oder Rübenkultur lässt sich eine Investition nicht refinanzieren. 

Hydroponik-Anbauweisen

1. Deep Water Culture (DWC)
Für z.B. Salat, Blattgemüse, wie Spinat, Mangold, etc. Kräuter, diverse Kohlsorten

2. Nutrient Film Technique (NFT)
Typisch für z.B. Tomaten, Gurken, Salat, Blattgemüse, als Ranksystem ebenfalls universell einsetzbar.

3. Growbeds, Ebbe/Flut-Tische, Pods, o.ä. Behälter Mit Substrat (z.B. Blähton, Kies)
Für z.B. Zucchini, Auberginen, Chili, Paprika, wobei sehr universell einsetzbar (auch Tomaten etc. möglich, sofern Rankführunt etc. vorhanden.

Aquakultur

Auch im Bezug auf die Aquakultur bietet Aquaponik maximale Flexibilität. Nahezu alle Kalt- u. Warmwasserfische kommen in Frage. Sogar Seewasserfische kommen in Frage, allerdings dann nur zusammen mit Algen bzw.  salztoleranten Pflanzen. 

Grundsätzlich ist vieles möglich, allerdings sollten Produktionsanlagen in der Regel rentabel arbeiten. Daher muss der finanzielle Aufwand auch mit dem Nutzen und dem erzielbaren Preis vor Ort am Markt abgeglichen werden. 

Aquaponik-Konzepte

Die Gründe für den Bau einer Aquaponik-Anlage können sehr unterschiedlich sein. Ja nach Ausgangssituation und Strategie kommt die Aquaponik für viele Geschäftsmodelle in Frage. Deshalb umreißen wir hier kurz die am häufigsten vertretenen Strategien.

1. State of the Art-Aquaponik-Anlage

Die oben beschriebene Variante als modernes Gewächshaus, in dem Aquakultur, Hydrokultur, Wasserbearbeitung und ggf. weitere Kreisläufe Platz haben. Mit thermischer Optimierung 

Hydroponik-Teil in Aquaponik-Großanlage
Aquaponik-Anlage, Pflanzenteil, Tomaten

2. Aquaponik als Ergänzung für Biogasanlage od. Landwirtschaft

Durch mehrere Novellen des Erneuerbare Energien Gesetztes (EEG), benötigen Biogasanlagen Wärmekonzepte. Allerdings ist nicht immer eine Schule oder ein Spaßbad in der Nähe, um die Wärme entsprechend zu nutzen. Aquaponik-Anlagen lassen sich dabei exakt auf das benötigte Wärmekonzept auslegen.

3. Aquaponik für Spezialkulturen (Diversifikation für Landwirte)

 Zur Landwirtschaft hat die Aquaponik viele Berührungspunkte. Deshalb können hier nur Beispiele angeführt werden. Hierbei lohnen sich oft auch Kulturen, die nicht unbedingt die typischen Speisefische sind. Die Aquaponik funktioniert natürlich auch mit Zierfischen. Dabei stehen auch Wirbellose wie z.B. Edelkrebse zur Verfügung. Diese können auf dem Markt vergleichsweise hohe Verkaufspreise erzielen.

4. Aquaponik-Module bzw. Ergänzung bisheriger Anbauweisen

Natürlich ist es auch umgekehrt möglich vorhandene Kulturen um die für die Aquaponik fehlenden Kulturen zu ergänzen. Dies betrifft zum Beispiel den Gartenbau, der bisher noch auf Nährlösung angewiesen ist. Eine Ergänzung der Konsumenten-Kultur um die Produzenten in der Nahrungskette kann sich hier auch monetär durchaus auszahlen.

Tilapia mariae, ein beliebter Aquaponik-Fisch
Verbreitet in der Aquaponik, Tilapia mariae

Ausblick

Die Entwicklung schreitet in der Aquaponik derzeit sehr schnell voran. In den letzten Jahren wurden große Fortschritte in der Wissenschaft gemacht. Aber auch die Wirtschaftlichkeit von Aquaponik wurde in der Zwischenzeit erforscht, wodurch Investitionen in große Aquaponik-Anlagen mittlerweile weniger riskant sind.

Um die Synergien der Aquaponik ökologisch und ökonomisch zu nutzen, werden in Zukunft immer mehr solcher Großanlagen entstehen, welche auch Marktnischen abdecken werden. Sie sind bereits die Lösung unserer ökologischen Probleme und sind deshalb nicht von den in Zukunft stetig steigenden Auflagen an die ökologische Verträglichkeit landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Anlagen betroffen. 

Die Grafik unten stammt aus dem Kapitel 15 „Smarthoods: Aquaponics Integrated Microgrids“ im Buch „Aquaponics Food Production Systems“ und zeigt die miteinander kombinierten Prozesse.

Tilapia mariae, verbreiteter Fisch in der Aquaponik
Tilapia mariae

Umwandlung der Nährstoffe

Die Abläufe im einzelnen: 

  1. Pelletfutter (je nach Fischsorte vegetarisch oder mit tierischem Eiweiß, jedoch ohne Fischmehl aus der Fischerei) wird von den Fischen aufgenommen.
  2. Endprodukte des Fisch-Stoffwechsels werden durch Bakterien zunächst in Nitrit, dann in Nitrat, umgewandelt.
  3.  Pflanzen nehmen die Nährstoffe aus dem Wasser über ihre Wurzeln auf.